Salingarten
Heinrich Kirchner: „Der 7. Schöpfungstag“, 1963
Die Plastik entstand nach Studien über die Beziehung zwischen Mensch und Tier, wie sie Kirchner schon früh beschäftigt hat. Im Gegensatz zur gängigen Mensch-Pferd-Darstellung ist der „7. Schöpfungstag“ kein Reiterbild. Der Mensch steht neben dem Tier, was – ohne Zügel – die Gleichberechtigung zwischen den beiden Lebewesen verdeutlicht.
In zahlreichen Modellen und Vorstudien arbeitete Kirchner die Haltung und Position der Figuren heraus. Genannt hat er diese zunächst nur „Mann mit Pferd“. In den Modellen stehen die Figuren auf einer flachen Plinthe, also einer Fußplatte, anders als die Großplastik im Salingarten, die zusätzlich auf einem Sockel aufbaut. Dieser Sockel ist mit Symbolen versehen, die auf der Vorderseite von links nach rechts die Schöpfungstage versinnbildlichen. Im ersten Symbol, dem ersten Tag, erscheint vermutlich Gott in menschlicher Gestalt mit einem Dreieck, einem Kreuz und einer Taube. Das Dreieck als Verbindung zwischen Himmel-Erde-Mensch, das Kreuz als Glaubenszeichen und die Taube als Friedenszeichen werden durch die viereckige Umrahmung zur Einheit. Für den zweiten Tag ist ein Fünfeck zu sehen, in dem ein Lot herabhängt. Dies könnte die Berührung von Himmel und Erde darstellen und damit die Entstehung der Erde selbst. Das mittlere Feld steht für den dritten Tag und zeigt eine Pflanze mit Wurzeln, die Entstehung der Erdoberfläche, neuen Lebens. Am vierten Tag wurde das All geschaffen, das Umfeld der Erde, symbolisiert durch Sonne, Mond und Sterne, und am fünften Tag schließlich das Leben, hier angedeutet durch Fische und ein Tier.
Das letzte Relief zeigt die Wiederholung des ersten Tages in leichter Variation mit einer menschlichen Figur. Als siebter Tag sind der Mensch und das Pferd als lebensgroße Vollplastiken auf dem Sockel dargestellt. Die Zeichen auf der Rückseite wiederholen sich ebenfalls in sechs Abfolgen. Sie sind durch Rahmen voneinander abgegrenzt. Alle zeigen zwei sich einrollende Linien, dazwischen ein Phallussymbol.
Zwischen diesen gerahmten Feldern sind jeweils drei „Samenfäden“ zu sehen, mit denen Kirchner wohl auf den Schöpfungsakt an sich verweisen wollte. Die Verbindung zwischen Himmel-Erde-Mensch war dem Künstler immer wichtig gewesen. Seit der Zeit des Nationalsozialismus fühlte er sich dem Christentum verbunden und drückte seine Hoffnung auf die Kraft des Glaubens für den Frieden auch in seinen Arbeiten aus. Zunehmend wurden seine Figuren abstrakter und auf wenige klare Gesten konzentriert. Erste Sätze und literarische Zitate verstärkten den Ausdruck. Bei der Amtskirche stieß Kirchners freie bildnerische Darstellung der biblischen Geschichte jedoch in der Regel auf Unverständnis.
„Der 7. Schöpfungstag“ versinnbildlicht – ähnlich frei – die Harmonie zwischen Mensch und Tier. Das Pferdunterwirft sich nicht und wird nicht unterworfen. Es steht stark und aufrechten Hauptes neben dem Menschen.Der Mensch ist im Gegensatz zur Darstellung im Modell bekleidet. Kirchners Rezeption der Idee des unbekleideten „neuen Adam“, wie er eine vergleichbare Figur von 1963 betitelte, wurde auf Vorgabe der Stadt Rosenheim durch ein archaisierendes Gewand verhüllt. Die Hände an den erhobenen Armen sind sorgfältig ausgearbeitet und dem Betrachter wie segnend zugewandt. Wie die meisten Figuren Kirchners hat auch „Der 7. Schöpfungstag“ eine Hauptansichtsseite. Die Figuren sind auf den Betrachter ausgerichtet.
Tier und Mensch strahlen Ruhe, Kraft sowie eine ungemeine Offenheit und Sympathie aus, die, ähnlich wie Marianne Lüdickes „Ruhe“,den Salingarten positiv prägen.
Heinrich Kirchner: „Der 7. Schöpfungstag“, 1963, Bronze, 300 mal 460 mal 113 Zentimeter (Höhe mal Breite mal Tiefe), Salingarten Rosenheim.
Der Künstler:
Heinrich Kirchner wurde am 12. Mai 1902 in Erlangen geboren. 1924 bis 1932 Bildhauerstudium, u.a. mit Toni Stadler, Anton Hiller und Fritz Wrampe, an der Kunstakademie München, der École des Beaux Arts und der Académie Julien, daneben Ausbildung zum Zeichenlehrer an der Technischen Universität München. Ab 1932 Leiter der Bronzegusswerkstatt an der Akademie München, 1939 bis 1945 Kriegsdienst und Gefangenschaft, ab 1952 Professur an der Akademie München. 1965 bis 1969 Leitung der Bildhauer und Bronzegusskurse an der Internationalen Sommerakademie in Salzburg. 1970 Ende der Lehrtätigkeit und Umzug in den alten „Fischerhof“ in Pavolding. Ab 1975 Einrichtung des „Skulpturengartens“ für Plastiken Kirchners in seiner Geburtsstadt Erlangen. 1976 Heirat mit der langjährigen Assistentin und Bildhauerin Katharina Klampfleuthner. Gestorben am 3. März 1984, begraben auf der Fraueninsel.
Nahezu Kirchners gesamtes Werk besteht aus im Bronzegussverfahren hergestellten figürlichen Plastiken. Seit 1959 halfen ihm dabei sein Sohn Fritz aus erster Ehe mit Margarete Rasch, seine Tochter Michaela und sein Schüler, der Bildhauer Paul Fuchs. Lediglich die Arbeiten der späten Jahre sind teilweise aus Bronzeplatten zusammengeschweißt oder genietet.Zu seinen Schülern gehörten auch die Rosenheimer Bildhauer Rolf Märkl und Erika Maria Lankes. Bereits 1950 erhielt Kirchner den Kunstpreis der Stadt München sowie in der Folge zahlreiche weitere Auszeichnungen, wie 1952 den ersten Preis der Bildhauerausstellung Düsseldorf. Ab 1953 Mitgliedschaft in der Akademie der Schönen Künste in München und der Akademie der Künste in Berlin. 1979 Kulturpreis der Stadt Rosenheim, 1982 Ehrendoktorwürde der Katholischen Theologischen Fakultät der Universität Bamberg.
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Marianne Lüdicke, "Ruhe", 1985, Bronze
In Rosenheim wirkte sie vor allem im Kunstverein mit und sorgte als Jurymitglied schon in den 1960er-Jahren für ausgewogene Ausstellungen, die auch den Jüngeren und Moderneren eine Teilnahme ermöglichten.
Für die Rosenheimer Bürger ist sie auch als Bildhauerin keine Unbekannte, da mehrere ihrer Bronzen in der Stadt zu sehen sind. Das „Sitzende Mädchen“ vor dem Bahnhof, das „Kind mit Ball“ an der Sparkasse, „Der Träumer“ in einer Grünanlage in der Marienberger Straße, die „Lustige Gymnastik“ vor der Turnhalle am Nörreut, das Mädchen im Garten der Städtischen Galerie – und nicht zuletzt die „Ruhe“ im Salingarten.
Die „Ruhe“ ist sowohl nach innen als auch nach außen gewandt. Ihr weites Gewand abstrahiert und umschließt die Figur sicher. Sie scheint gelassen und doch auch interessiert die Besucher des Gartens wahrzunehmen. Sie mag über das Treiben der Menschen nachdenken und fordert sie dabei insgeheim auf, dasselbe zu tun. Dabei strahlt sie eine mütterliche Geborgenheit und Wärme aus, die manch jüngeren Besucher schon dazu eingeladen hat, auf ihr zu ruhen. Auf ihren sanft gerundeten Knien kann man gut sitzen. Und der Schoß dieser Ruhenden scheint so breit, dass er nicht nur ein Kind, sondern alle Welt in sich zu bergen vermag.
Das Thema ist wie bei vielen anderen Skulpturen von Marianne Lüdicke eine Symbiose von Gefühlen wie Gelassenheit, Zuneigung, Geborgenheit und Zuwendung. „Mich berühren Beziehungen zwischen den Menschen wie Begegnung, Freundschaft, Barmherzigkeit, das Gespräch, das Miteinandersein...“, so Marianne Lüdicke, und das ist die Voraussetzung dafür, dass ihre Hände nicht nur Eindrücke formen, sondern zum Ausdruck finden, zur expressiven Botschaft.
Marianne Lüdicke war auf die menschliche Figur spezialisiert. Ihre Darstellung bleibt dabei im Rahmen des allgemein Zugänglichen, getragen von handwerklichem Können und künstlerischem Gespür. Opposition in der Kunst ist ihr fremd. „Marianne Lüdickes Figuren haben das Zeitlose, das Immergewesene, Immervorhandene, das Kunst zuweilen annehmen kann, in hohem Maß. Dieses Etwas, das nach außen strahlt und das Klima eines Kunstraums prägt“, so hat es der Kulturreferent des Landkreises, Klaus J. Schönmetzler, formuliert. Für einen Stadtpark wie den Salingarten ist sie damit eine ideale „Besetzung“.
Das Werk: „Ruhe“, 1985, Bronze, doppelt lebensgroß, Salingarten Rosenheim.
Die Künstlerin:
Marianne Lüdicke (1919-2020) besuchte ab 1938 in München die Kunstschule Maxon und studierte von 1939 bis 1944 an der Akademie der Bildenden Künste bei Professor Richard Knecht Bildhauerei. Ab 1945 war sie selbstständig in Weisham bei Bernau am Chiemsee tätig. Schon ab 1949 in der Großen Ausstellung im Haus der Kunst München war sie mit ihren Arbeiten auch bundesweit in zahlreichen Ausstellungen und mit Kunst im öffentlichen Raum vertreten. Im Jahr 1980 wurde ihr der Seerosenpreis der Stadt München verliehen und 1999 der Kulturpreis des Landkreises Rosenheim.
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Alfred Regnat, „Equilibre“, 1997
Alfred Regnat entwarf und baute diesen Brunnen im Zuge der Erweiterung der Stadthalle 1997. Das Grundstück hatte die Stadt Rosenheim in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts gekauft. Die zu dem Zeitpunkt bereits stillgelegte Saline war 1967 abgerissen worden. Man begann mit dem Bau der Tiefgarage und schrieb 1969 einen Architekturwettbewerb für die Stadthalle aus, die nach dem Entwurf von Dr. Hilmar Mund 1982 fertiggestellt wurde. Im Jahr 1995 beschloss der Stadtrat einen Anbau für mehr Konferenz- und Tagungsräume. Beauftragt wurde der Architekt Bernhard Peck, der einen modernen, sachlichen und zurückhaltenden Baukörper entwarf.
Im Laufe der Planungen ergab sich an dem Verbindungstrakt zwischen Alt und Neubau eine freie Fläche, die durch ein Kunstwerk gestaltet werden sollte. Die Stadt schrieb dafür einen Wettbewerb aus mit der Vorgabe, dass ein Brunnen mit einer umgebenden flachen Wasserfläche entstehen sollte. Sieben Künstler reichten Arbeiten ein. Als Gewinner ging Alfred Regnat mit seiner Brunnenskulptur aus dem Wettbewerb. Sie fügt sich zurückhaltend und dennoch beständig in den Baubestand ein. Tatsächlich wirkt die breit ausladende Form wie eine Spange. Sie gleicht die Kontraste zwischen den beiden Hallenteilen, die aus verschiedenen Zeiten stammen, aus und ergänzt den Verbindungstrakt sensibel. Das Gleichgewicht, das die Skulptur zwischen den beiden Baukörpern auslotet, findet seinen Ausdruck auch im Namen des Kunstwerks: „Équilibre“ steht im Französischen für „Gleichgewicht“ und war schon vor Ausschreibung des Wettbewerbs eines der von Alfred Regnat in seinem Werk durchgespielten Themen. Für den Randabschluss der Plattform zum Becken hin suchte Regnat einen grauen Granitbelag aus.
Auf Grund der begrenzten Auflast, die in diesem Bereich auf der Tiefgaragendecke aufliegen durfte, wählte er als Standort des Brunnens den Punkt, an dem sich unter dem Becken eine Stütze der Tiefgarage befindet. Die Materialentscheidung ergab sich aus der Notwendigkeit des technischen Innenlebens.
Die Skulptur ist als Hohlkörper aus Bronzeguss gefertigt. Die Wandstärke der Bronze beträgt fünf Millimeter. In der Mitte befindet sich eine Öffnung, die das Wasser aus dem Wasserbecken in den Hohlkörper pumpt und in eine Wasserleitung münden lässt. Dies geschieht mit einem sehr niedrigen Druck. Das Wasser wird dann rechts und links durch ein Lamellenbett gedrückt, das es bremst und aufstaut, so dass an den Randöffnungen jeweils konstant die gleiche Menge an Wasser als gleichmäßiger Vorhang nach unten fällt.
Aufgrund ihrer zurückhaltenden Form und Farbigkeit, ihres etwas zurückgesetzten Standorts und des ruhigen Fließens wird die Skulptur von vielen Besuchern des Kultur- und Kongresszentrums erst auf den zweiten Blick wahrgenommen – aber vielfach als Ruhepol und Treffpunkt geschätzt.
Der Künstler:
Alfred Regnat lebt und arbeitet zusammen mit seiner Frau, der Bildhauerin Inge Regnat-Ulner, seit 1973 in Zaisberg bei Vogtareuth. 1942 geboren in Ruhpolding. Von 1958 bis 1960 Ausbildung zum Steinbildhauer. Von 1961 bis 1967 Studium an der Akademie der bildenden Künste in München bei Professor Josef Henselmann, Meisterschüler und Diplom. Seit 1968 freiberuflicher Bildhauer, zahlreiche Arbeiten im öffentlichen Raum.
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Josef Hamberger, Wasserrad, 1981
Als 1981 das Kultur- und Kongresszentrum (Kuko) gebaut wurde, hieß das Gebäude im Salingarten noch „Stadthalle“. Die Stadt trat damals mit der Bitte an Josef Hamberger heran, die Möglichkeiten für einen Brunnen zu prüfen. Den Salingarten im Vordergrund und das Kuko leicht erhöht dahinter, bot der Standpunkt nicht die einfachsten Voraussetzungen. Es musste etwas entstehen, was diese beiden Bedingungen verband, nicht trennte, und dabei auch nicht den Mittelpunkt für sich vereinnahmte.
Josef Hambergers Werke zeichnen sich – nicht zuletzt durch seine langjährige Erfahrung im Umgang mit Kunst am Bau – insbesondere durch ihren Respekt vor dem im Umfeld bereits Vorhandenen aus, aber auch durch ihre Konzentration auf wenige klare Formen und Materialien. „Alles, was man macht, darf einen nicht anspringen, darf keine Momentaufnahme sein, sondern muss in sich ruhen“, so der Bildhauer. Er schafft seine Skulpturen für alle, egal ob für Kunstfreunde oder einfach Betrachter und Passanten. Jedem soll die Möglichkeit gegeben werden, sich zu identifizieren und einzufühlen.
Als Hauptmaterialien bearbeitet Hamberger vorwiegend Holz, Bronze und Stein, was ihn aber nicht daran hindert, auch mit anderen, neuen Materialien zu experimentieren. Hamberger legte mehrere Entwürfe vor. Die Stadt entschied sich für sein „Wasserrad“. Das Oberbayerische Volksblatt stiftete das Kunstwerk. Hambergers Ausgangsidee war, dass zwischen den Bäumen des kleinen Skulpturengartens etwas Leichtes, Transparentes herausragen sollte. Ein massiger Körper hätte bei der benötigten Höhe die Stadthalle vom Salingarten abgetrennt. So wählte er mit dem Rad für den Kulturstandort in der Stadtmitte eines der ältesten Kultursymbole der Menschheit, aber in einer sehr leichten und industriellen Form.
Das Wasserrad resultierte aus dem Wunsch der Auftraggeber nach einem Brunnen. Aus diesem Grund wurde auch das flache Wasserbecken um das Rad herum angelegt, das die zwei Ebenen, Oben und Unten, die so oft in Josef Hambergers Entwürfen zu finden sind, vervollständigt. Auf diese Weise sind der Park und die Stadthalle nun auf horizontaler wie auch auf vertikaler Ebene sanft verbunden und ergeben einen sinnvollen Zusammenschluss. Durch kleine Düsen im Wasserbecken dreht sich das Rad im Uhrzeigersinn mit etwa einer Umdrehung pro Minute, und so manche Taube scheint sich fast wie ein Besucher des Rosenheimer Herbstfestes auf einer netten Fahrt im Riesenrad zu fühlen.
Die Idee ist nicht abwegig: Das Wasserrad ist durchaus gedacht als kleine Parallele zum Riesenrad, das jedes Jahr während des Herbstfestes auf der Loretowiese seine Runden dreht.
Der Künstler:
Der Bildhauer Josef Hamberger, geboren 1925 in Frasdorf, zählt zu den bedeutendsten Kirchenausstattern Bayerns. Die Vielfältigkeit seiner Arbeiten, seine handwerkliche Perfektion und sein respektvoller Umgang mit der vorhandenen Substanz zeichnen auch sein freies bildhauerisches Werk aus.
Hamberger studierte an der Münchner Akademie Bildhauerei. Einige Zeit verbrachte er in London am Royal College of Art, wo er Henry Moore begegnete. Seit 1955 arbeitet Hamberger als Bildhauer in Rosenheim. Als Würdigung seines Werkes erhielt er 1999 die goldene Bürgermedaille und 2011 den Kulturpreis der Stadt Rosenheim. Der Künstler verstarb 2020.
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Rolf Märkl, "Große Stehende", 1962/63
Mit ihrem an die griechische Klassik angelehnten Standmotiv, der leicht untersetzten, fülligen Figur, den abstrahierten Gesichtszügen, einer lebendig bewegten Oberfläche und dem Verzicht auf Details oder Porträtzüge verkörpert sie ein Ideal, das ausgehend von dem französischen Bildhauer Aristide Maillol (1861-1944) die Moderne entscheidend prägte.
Maillol war jeweils 1955 und 1964 auf der Documenta. Noch zu diesem Zeitpunkt galt sein Werk als einer der Maßstäbe für zeitgemäße figürliche Plastik. Frei von den Idealen der nationalsozialistischen Jahre, in denen die „arische Arbeiterfrau“ in streng naturalistischer Wiedergabe mit durchgesteckten Beinen und Siegerblick zu posieren hatte, steht bei Märkl Maillols klassischer, gemäßigt-expressiver Frauenakt Pate. Zur gleichen Zeit wie seine Aktfigur schuf Märkl die deutlich expressivere Bronze „St. Sebastian“, die später an der Städtischen Galerie in Rosenheim aufgestellt wurde Diese Gleichzeitigkeit überrascht zunächst, denn die beiden Bronzen könnten von der Themenwahl, Bearbeitung und Aussage her kaum unterschiedlicher sein. Wie die Plastik „St. Sebastian“ wurde auch die „Große Stehende“ in Köln durch einen Bronzeguss im Wachsausschmelzverfahren hergestellt, das Märkls Lehrer Heinrich Kirchner wieder zum Leben erweckt hatte.
Als Märkl um 1980 von der Konzeption des Skulpturenparks im Salingarten gehört hatte, schlug er dem Stadtrat die „Große Stehende“ vor. Zusammen mit Heinrich Kirchners Gruppe „Mann mit Pferd“ wurde sie 1981 angekauft. Ursprünglich stand die Plastik auf einem niedrigen Sockel vor einem Wasserbassin. Nach wiederholtem Vandalismus und Verkleidungen wurde sie auf einen außergewöhnlich hohen Sockel gestellt. Im Salingarten befinden sich Werke der für Rosenheim repräsentativen Künstler Heinrich Kirchner, Erika Maria Lankes, Marianne Lüdicke, Alfred Regnat und Louise Stomps. Rolf Märkl, der bis zu seinem Tod im Jahr 2020 nicht nur als Rosenheimer Bildhauer, sondern auch kritischer Geist die städtebauliche und künstlerische Entwicklung Rosenheims begleitete, fügt sich hier mit seinem Werk auf ideale Weise ein.
Der Künstler:
Rolf Märkl wurde am 20. März 1931 in Rosenheim geboren. Auf seine Lehrzeit ab 1945 als Holzbildhauer in Rosenheim folgten ab 1949 eine Lehre als Steinbildhauer in München und 1952 bis 1958 ein Bildhauerstudium an der Akademie der Bildenden Künste in München. Von 1958 bis 1966 arbeitete er als Kunsterzieher in Westfalen und Oberbayern. Seit 1966 lebt er als freischaffender Künstler in Rosenheim. 1986 wurde er mit dem Kulturpreis der Stadt Rosenheim ausgezeichnet, 2012 mit dem Oberbayerischen Kulturpreis. Der Künstler verstarb 2020.
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Louise Stomps, "Norne", 1985
Louise Stomps stellte 1980 in der Städtischen Galerie mit viel Erfolg aus. Im Kreis der künstlerisch Interessierten hatte sie schon weit vor dieser Ausstellung bundesweit Wertschätzung erfahren.
In der Figur für den Salingarten beschäftigte sich Louise Stomps mit dem bei ihr immer wiederkehrenden Thema „Paar“. Der Titel „Norne“ verweist auf die Schicksalsfrauen der nordischen Mythologie. Die Nornen (altnordisch Nornir) sind in der nordischen Mythologie schicksalbestimmende Frauen, von denen einige von Göttern, andere von Zwergen oder Elfen abstammen sollen. Innerhalb der indogermanischen Religionen und Mythologien besteht eine Verwandtschaft mit den römischen Parzen und den griechischen Moiren.
Der Sockel der Originalskulptur besitzt mit der natürlichen Rindenoberfläche die Ursprungsform des Eichenstammes. Die darauf aufbauende schmale Doppelstelenform ist dynamisch und in sich geschlossen. Die verschlungenen Stränge mit ihren Kanten und Rundungen wirken trotz aller Abstraktion insgesamt organisch und körperlich. Es scheint, als wären zwei Gestalten so innig verschlungen, dass sie gemeinsam ein Ganzes bilden. Auf diese Weise vereint die Gestik der Skulptur Emotionen und Gefühle und vermittelt diese auch dem Betrachter.
Unterwegs mit ihrem Motorrad, suchte Louise Stomps häufig am Inn nach Holz für ihre Skulpturen, wodurch ihre Werke meist einen regionalen Bezug haben. Jedes ist ein Unikat, jeder Baumstamm hat seine eigene Geschichte. Diese Einmaligkeit war der Bildhauerin besonders wichtig.
Der Bronzeabguss, 1982 vom Stadtrat in Auftrag gegeben, ist ein Kompromiss, um den Witterungsverhältnissen besser standzuhalten. Im Vergleich zum Original wirkt er kühler und distanzierter. Er steht auf einem niedrigen Betonsockel, ist aus braungrauer Bronze und weist an einigen Stellen Oxidationsspuren auf. Die Struktur der Oberfläche mit ihren vielen kleinen Rillen und Kerben, die durch das Hobeln und Schnitzen des Holzes verursacht wurden, verrät auch in der Bronze noch die intensive Bearbeitung des Baumstammes. Eine Skulptur aus Mooreiche von Louise Stomps befindet sich heute im Holztechnischen Museum Rosenheim. Sie darf berührt werden und vermittelt einen Eindruck von der Ausstrahlung und Wärme der Holzplastiken. Die „Norne“ im Salingarten hat ebenso wie die anderen Plastiken einen Platz in der Wiese, die von hohen Bäumen umringt wird. Im Sommer ist sie zusätzlich umgeben von Besuchern des Parks, die in der Wiese verweilen und sich entspannen.
Die Künstlerin:
Louise Stomps wurde 1900 in Berlin geboren. Seit 1918 war sie künstlerisch tätig, unter anderem belegte sie 1928 bis 1932 Kurse an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und im Verein der Künstlerinnen von Berlin. 1927/28 entstanden erste Skulpturen aus Holz, ab 1933 Arbeiten aus Stein. 1951 wurde ihr der Kunstpreis der Stadt Berlin zuerkannt sowie 1953 der Anerkennungspreis für das „Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen“ in London. 1960 zog Louise Stomps nach Rechtmehring bei Wasserburg. 1988 verunglückte sie mit ihrem Motorrad und starb an den Unfallfolgen.
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Erika Maria Lankes, "Passanten", 1982-84
Die Passantengruppe mit dem „Arbeiter“, dem „Liebespaar“ und der „älteren Dame“ entstand zunächst 1979-1981 in Polyester, das eingefärbt und bemalt war und von 1983 bis1984 in der „Skulpturenstraße“ im Münchner Asamhof ausgestellt war. Anlässlich der Gestaltung des Salingartens als Skulpturenpark war die Stadt Rosenheim auf der Suche nach bedeutenden Künstlern aus der näheren Umgebung, um mit deren Skulpturen den Salingarten zu verschönern.
Das Bestreben der Stadt war es, hier eine Stätte der bildenden Kunst zu schaffen und den Park zu einem Zentrum der Erholung werden zu lassen. Die damalige Vorsitzende des Rosenheimer Kunstvereins, Iris Trübswetter, wurde auf die „Passanten“ aus Polyester von Erika Maria Lankes aufmerksam und regte einen gemeinschaftlichen Ankauf an: So erteilte sie der Künstlerin aus Stephanskirchen 1982 den Auftrag für die erste Figur der „Passanten“ in Bronze. Damit unternahm sie den Anstoß für die Aufstellung der ersten großen Lankes-Figurengruppe im öffentlichen Raum. Finanziert wurden die übrigen drei Figuren von der Stadt Rosenheim, der Vereinigung deutschsprachiger Künstlerinnen GEDOK und der Sparkasse Rosenheim. 1984 wurde die Gruppe mit dem „Liebespaar“ vervollständigt und unter reger Anteilnahme von Presse und Publikum der Öffentlichkeit übergeben. Wie der damalige Vorstandsvorsitzende der Sparkasse, Josef Miehle, bei der Eröffnung erwähnte, wurde das Liebespaar überwiegend mit Mitteln aus dem sozialen Zweckertrag des PSSparens finanziert, was bedeutet, dass die Prämiensparer der Sparkasse die eigentlichen Sponsoren des bronzenen Liebespaares sind.
Bei Realisierung der „Passanten“ ging Erika Maria Lankes ähnlich vor wie bei der Figurengruppe „Vier Leute“ im kleinen Foyer im Rosenheimer Rathaus. Sie fotografierte von der Dachterrasse eines Hotels in Rosenheim Menschen, die an der Ampel warteten. Einen Fokus hatte sie dabei auf Gruppierungen. Wie in den meisten ihrer Arbeiten beschäftigte sich die Künstlerin mit den Leuten von heute, mit der normalen, typischen Bevölkerung Rosenheims. Sie stellt mit Ausnahme des Liebespaares Personen dar, die einander nicht kennen, eine Wartesituation mit Menschen, die zum Beispiel eine rote Ampel für kurze Zeit zusammengebracht hat. Der Herr in der Arbeitshose muss zum Arzt Viel Wert legt die Künstlerin dabei auf Accessoires. Bei dem Herrn beispielsweise fragte sie sich, warum er sich tagsüber in seiner Arbeitskleidung in der Stadt aufhält. Ihr erster Gedanke war, dass er möglicherweise zum Arzt muss und somit versah sie die Skulptur mit einem Verband am rechten Arm. Auch eigene Empfindungen gab sie mit der Gruppe wieder: Das ursprünglich rote Kleid der jungen Frau zum Beispiel entsprach damals ihrem eigenen Selbstverständnis, ist jedoch nur im ursprünglichen Polyester-Guss sichtbar, den Erika Maria Lankes in der Regel bevorzugt. Im Vergleich zu der Ausführung in Polyester verändert das Material Bronze den Charakter der Figurengruppe. Es veredelt und verleiht den Figuren Denkmal-Charakter. Eine ähnliche Rolle nimmt bei der Polyester- Gruppe „Vier Leute“ im Rathaus der Sockel ein.
Eine bedeutende Rolle in der Arbeit von Erika Maria Lankes spielt auch immer der Standort ihrer Kunstwerke. So war es ihr sehr wichtig, dass ihre „Passanten“ vorne an der Straße stehen um mit den vorübergehenden Menschen Kontakt aufnehmen zu können. Seit der Entfernung der Hecke, die lange Jahre den Park umgab, fügt sich ihre Gruppe wie selbstverständlich ein in den Strom der realen Passanten an einer der wichtigsten Einkaufsstraßen Rosenheims.
Die Künstlerin:
Erika Maria Lankes lebt und arbeitet in Stephanskirchen bei Rosenheim 1940 geboren in Waldenburg, Schlesien. 1959-1964 Kunststudium an der Akademie der bildenden Künste in München bei Charles Crodel und Heinrich Kirchner; künstlerische Anfänge in der ungegenständlichen Malerei 1963/66 Erstes und Zweites Staatsexamen für Kunsterziehung; danach freiberufliche Tätigkeit als Kunsterzieherin. 1968 Entdeckung ihrer Leidenschaft für das Material Polyester bei dem Anblick der Skulptur „Girl on a Couch“ von Frank Gallo auf der Biennale in Venedig.
Seit 1971 figürliche Plastik, seit 1978 freiberufliche Künstlerin. Zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem 2002 Sudetendeutscher Kulturpreis für Bildende Kunst und Architektur. 2003 Kulturpreis der Stadt Rosenheim. 2004 Oberbayerischer Kulturpreis.
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Alfred Regnat, "Große gedrehte Stele", 1998
Im Mittelpunkt von Alfred Regnats Arbeit steht neben dem Metallguss vor allem der Stein. Ausgehend von künstlerischen Positionen wie der Konkreten Kunst und dem Minimalismus, bevorzugt er elementare, meist geometrische Formen. Struktur, Konsistenz und Farbe des verwendeten Steins haben – ebenso wie die makellose handwerkliche Bearbeitung und die spielerische Fantasie des Bildhauers – Anteil an der Gestalt seiner Skulpturen. Regnats Fähigkeit, differenziert auf die Umgebung einzugehen, ohne dabei seinen eigenen künstlerischen Weg zu verlassen, machte ihn zu einem bundesweit gefragten Bildhauer für architekturbezogene Arbeiten im öffentlichen Raum.
Die Vorliebe für roten Stein wie bei der Stele im Salingarten resultiert bei Regnat aus der Vertrautheit mit dem in seiner Heimat Ruhpolding vorkommenden roten „Ruhpoldinger Marmor“. Im Allgemeinen beschäftigt sich Regnat mit Stein, weil es sich dabei um das ursprünglichste aller Materialien handelt. Es symbolisiert die Verbundenheit des Menschen mit der Erde und ist beständig.
Regnat arbeitet zunächst mit den üblichen Steinbearbeitungswerkzeugen wie Hammer und Meißel, auch mit einem Presslufthammermit diversen Meißeleinsätzen zur Ausarbeitung der groben Form. Für die glatte Oberfläche verwendet er einen Diamantschleifer, der dem Stein eine wie vom Wasser oder Gletscher polierte Textur verleiht. Vor allem mit langen und dünnen Formen geht Regnat bis an die Grenzen des Materials. Umgürtungen und Einkerbungen in seinen Stelen sind Zeichen der Zeit, der Bewegung und Veränderung. Die „Große gedrehte Stele“ hat eine Drehung um die eigene Achse in sich. Diese gedrehte Form lässt den Betrachter ein weiches, verformbares Material vermuten und thematisiert ein Spannungsfeld zwischen Form und Werkstoff. Wenn er gefragt wird, wie er diese akkurate Drehung ausgeführt hat, erwidert Alfred Regnat manchmal scherzhaft, er habe „einfach den Stein warmgemacht und gedreht“. Durch die Drehung lässt sich die Stele von allen Seiten ansehen, immer bietet sie dem Betrachter eine Hauptansichtsseite. Die schräg verlaufenden Drehkanten verlocken den Besucher dazu, um das Kunstwerk herumzuschreiten, um den Linien zu folgen und das Werk in seiner Gesamtheit zu betrachten. Dort, wo heute Regnats Skulptur zwischen der Münchener Straße und dem Kultur- und Kongresszentrum steht, gab es bereits vorher eine Stele von ihm. Sie war 1992 aus einer Ausstellung in der Städtischen Galerie von der Stadt Rosenheim angekauft und im Salingarten platziert worden. Mit 2,73 Metern war diese erste Stele höher und schlanker und hatte ihren Schwerpunkt im obersten Drittel. Sie wurde ein Opfer von Vandalismus. Die Stele zerbrach etwa in der Hälfte und wurde nach dem Vorfall aus dem Salingarten entfernt. Regnat schaffte es, die Stele zu reparieren, indem er eine verbindende V2A-Stange einfügte. Die Bruchstelle schloss er mit einer Bronzefüllung. Die auf diese Weise wiederhergestellte, aber sichtlich nicht „geheilte“ Stele fand am Skulpturenweg in Bad Aibling einen Platz in der Nähe des Kriegerdenkmals, bis sie erneut ein Opfer von Vandalismus wurde.
Mit seiner „Großen gedrehten Stele“ fertigte Regnat eine Variante, die voluminöser und weniger hoch ist als die Vorgängerin und sich mit ihrer Verbindung von hartem Stein und organischer Rundung ideal einfügt in den Skulpturenpark Salingarten.
Der Künstler:
Alfred Regnat lebt und arbeitet zusammen mit seiner Frau, der Bildhauerin Inge Regnat-Ulner, seit 1973 in Zaisberg bei Vogtareuth. 1942 geboren in Ruhpolding. Von 1958 bis 1960 Ausbildung zum Steinbildhauer. Von 1961 bis 1967 Studium an der Akademie der bildenden Künste in München bei Professor Josef Henselmann, Meisterschüler und Diplom. Seit 1968 freiberuflicher Bildhauer, zahlreiche Arbeiten im öffentlichen Raum.