Monika Müller Leibl, "Schwimmer", 1987

Drei Körper pflügen sich durchs Wasser, stemmen sich der Urgewalt entgegen. Drei Körper strecken sich, kraulen, durchdringen die Fluten, treten mit den Beinen. Was ist Mann, was ist Frau? Der kleine Körper unten könnte ein Kind sein. Doch diese Definitionen sind überflüssig. Hier geht es um etwas Archaisches. Der Mensch in der Auseinandersetzung mit den Elementen. Dunkel heben sich die drei Gestalten von dem Blau und Grün des Wassers ab.

 

Gedämpftes Rot und intensives Schwarz unterstreichen die Leiblichkeit der in ihren Formen verknappten Figuren und bilden einen starken Kontrast. Links erscheint ein bergiger Uferstreifen. Doch das andere Ufer sehen wir nicht. Wie weit müssen sie schwimmen?


Als diese Aquatinta Farbradierung entstand, wohnte Monika Müller Leibl mit ihrer Familie in Gögging bei Riedering in der Nähe von Rosenheim. Selbstverständlich nutzte die Familie den nahen Simssee für Badeausflüge. Die beiden Kinder der Künstlerin, Tochter Sarah wurde 1977 geboren und Sohn Hannes 1980, liebten damals das erfrischende Nass und konnten fast nicht genug bekommen.


Monika Müller Leibl setzt in ihrer Malerei, ihren Radierungen und in ihren Filmen oftmals biografische Bezüge um. So auch hier. Der Badeausflug der Familie dient als aktueller Aufhänger und wird zur Metapher für das Leben schlechthin. Das gehört zu den "Mutterfreuden" schmunzelt die Künstlerin und meint es keineswegs ironisch.


Der Mensch steht im Mittelpunkt ihres vielfältigen Schaffens. Der Mensch in seinen unterschiedlichen Aspekten und Bezügen ist ihr wichtig. Auch der Mensch in der Landschaft oder - wie hier - der Mensch im Wasser. Das Individuelle wird ins Allgemeine gehoben. Dabei wird durchaus abstrahiert, verknappt und verkürzt, ohne jedoch das Figürliche aufzugeben. Gerade der verletzbare, verletzte, angreifbare und angegriffene Mensch reizt Monika Müller Leibl zur künstlerischen Umsetzung. Ihn lässt sie wie hinter Schleiern hervortreten und Kontur entwickeln.


Verblüffend ist das stark Malerische in den Radierungen der Künstlerin. Ist doch sonst eigentlich die Linie das Ausdrucksmittel der Radierung, so betont Monika Müller Leibl mit breitem Pinsel das Flächige in ihrer Grafik.

Dreißig Jahre besaß sie eine eigene Druckpresse und druckte ihre Grafiken selbst. Dabei konnte sie die verschiedenen Techniken und Möglichkeiten in der Praxis ausloten und bis an die Grenzen des technisch Machbaren gehen. Ab 1972 hatte sie an der Münchener Akademie der Bildenden Künste als Meisterschülerin bei Mac Zimmermann Grafik, vor allem Radierung, studiert. "Ich mochte seine Sachen, aber so direkt mitgenommen habe ich von ihm nichts" resümiert Monika Müller Leibl die Lehrjahre bei dem Surrealisten.


Dr. Evelyn Frick


Städtische Galerie Rosenheim, Depot. Aquatinta Farbradierung auf Papier; signiert unten rechts "Monika Müller Leibl"; Titel des Bildes mittig unten "Schwimmer"; nummeriert unten links "e/a" und die Erklärung dazu auf der Rückseite: "e/a nicht noch mal gedruckt. Einzelstück." Blattgröße Höhe 54 cm, Breite 76 cm; Druckfeld Höhe 45 cm, Breite 59,5 cm; Zugang 2014.
Vielen Dank an Frau Monika Müller Leibl für die Auskünfte.

Monika Müller Leibl, "Schwimmer", Aquatinta Farbradierung auf Papier, 1987 © Städtische Galerie Rosenheim

Monika Müller Leibl, "Schwimmer", Aquatinta Farbradierung auf Papier, 1987 © Städtische Galerie Rosenheim